8 Sonderformen elektrischer Maschinen
Die Funktionsprinzipien der Grundformen (rotierender) elektrischer Maschinen
- Gleichstrommotor mit Kommutator
- Asynchronmaschine
- Synchronmaschine
finden sich in verschiedensten Anwendungen und Bauformen wieder. Besonders die technischen Fortschritte in der Halbleitertechnik ermöglichen es, preisgünstig aus einer Gleichspannung ein Drehstromsystem zu erzeugen. Asynchronmaschinen und besonders die Synchronmaschinen werden dadurch in den letzten Jahren mehr und mehr in Anwendungen eingesetzt, die vorher Motoren mit Kommutator vorbehalten waren.
Es muss angemerkt werden, dass bei vielen Sonderbauformen und besonders bei kleinen Maschinen die für größere Maschinen zulässigen Vernachlässigungen bei der Berechnung nicht erlaubt sind. Nebeneffekte beeinflussen das Betriebsverhalten maßgeblich, gelegentlich sogar vorwiegend.
Im Folgenden werden einige Beispiele verschiedenartiger Bauformen angeführt. Alle Beispiele lassen sich auf die drei oben angeführten Grundformen zurückführen.
8.1 Schrittmotoren
Einsatzgebiete
- Verpackungsmaschinen
- Textilmaschinen
- Etikettiermaschinen
- Handhabungsgeräte
- Positioniereinrichtungen
- Druckwerke
- Prägemaschinen
- Medizinische Geräte
Die folgende Beschreibung ist einer Firmenschrift der Fa. Betz entnommen:
Der Schrittmotor ist von seinem Aufbau her eine hochpolige Synchronmaschine. Es werden hier ausschließlich zweiphasige
Motoren mit 50 Polpaaren vorgestellt.
Zum Betreiben eines Schrittmotors ist eine Ansteuerung erforderlich, die beim Durchschalten der Motorphasen ein Drehfeld erzeugt. Diese Elektronik wird über einen Takteingang angesteuert.
Die Größe der Frequenz, die an diesem Takteingang anliegt, bestimmt die Geschwindigkeit des Motors. Die Anzahl der einzelnen Impulse ist ein Maß für den ausgeführten Drehwinkel also eine Vorgabe sowohl des Geschwindigkeits- als auch des Positionssollwertes.
Grundlagen
Schrittmotoren werden von ihrer Bauart her in zwei Gruppen eingeteilt:
- Permanentmagnetmotoren
- Hybridmotoren
Motorprinzip
Permanentmagnet-Schrittmotoren werden dort eingesetzt, wo nur kleine Drehmomente benötigt werden. Sie haben in den meisten Fällen einen Schrittwinkel von und größer. Für kleinere Schrittwinkel ist dieser Motortyp, bedingt durch seine Bauart, nicht geeignet. Hier wählt man den Hybrid-Schrittmotor, der eine Auflösung von 200 Schritten/Umdrehung aufweist, was einen Schrittwinkel von entspricht. Der Schrittwinkel kann durch Ansteuerung im Halbschrittbetrieb auf (400 Schritte pro Umdrehung) reduziert werden. Noch höhere Auflösungen von bis zu 2000 Schritten/Umdrehung sind mit dem Microstep-Verfahren möglich. Die Micro-Schrittwinkel werden rein steuerungstechnisch erzeugt und erfordern lediglich einen Hybrid-Schrittmotor mit Schrittwinkel
Abbildung 8.1: Vereinfachte Darstellung eines Schrittmotorrotors
Die Funktionsweise eines Schrittmotors wird aus dem grundsätzlichen Motoraufbau abgeleitet. Auf der Motorwelle befindet sich ein scheibenförmiger Magnet. Er ist in axialer Richtung so magnetisiert, dass sich an der Vorderseite der Nordpol und an der Südseite der Südpol befindet. Über diesen Magneten stülpen sich von beiden Seiten zwei Schalen aus nicht magnetisiertem Eisen. Zur Vermeidung von Wirbelstromverlusten sind diese häufig lamelliert ausgeführt. Auf dem Umfang des Rotorblechpaketes sind gleichmäßig Zähne angeordnet. Das linke Rotorblechpaket ist um einen halben Zahn gegenüber dem rechten Rotorblechpaket versetzt. Der Stator ist ebenfalls gezahnt. Abhängig davon, ob sich Zahnfuß oder Zahnkopf von Rotor und Stator gegenüberstehen, ergeben sich verschiedene Luftspalte. Wird eine Phase der Statorwicklung von Gleichstrom durchflossen, so wird dieser Pol erregt. Der Permanentmagnetrotor dreht sich und richtet sich dabei entsprechend dem magnetischen Fluss aus. Da die andere Wicklung nicht durchflutet wird, ist dieser Pol nicht erregt und es findet kein Magnetfluss statt.
Der magnetische Fluss des erregten Pols sucht sich den Weg des kleinsten magnetischen Widerstandes. Dies ist bei einem Luftspaltminimum der Fall, also dann, wenn sich Rotor- und Statorzahn gegenüber stehen. Wird nun die andere Statorwicklung durchflutet, so bewegt sich der Rotor zum nächsten Luftspaltminimum. Diese Bewegung, die dem Schrittwinkel entspricht, ist abhängig von der Zähnezahl des Stators.
In Abbildung 8.2 ist ein Schrittmotor für einen Tachometer gezeigt (VDO). Die zugehörige Elektronik kann die beiden Wicklungen und in Stufen mit Strom versorgen, so dass sich der Rotor des Schrittmotors zwischen und auf Positionen einstellen lässt.
Abbildung 8.2: Antrieb für einen Autotachometer (VDO), die Schwärzung in dem Sche-ma unten symbolisiert die Größe des jeweiligen Stromes
8.2 Linearmotoren
Durch Abwicklung des Luftspaltes einer Asynchronmaschine oder Synchronmaschine erhält man einen Antrieb, der eine translatorische Bewegung ausführt. Beispiel: Der Antrieb des Transrapid ist eine Synchronmaschine.
Die Fahrbahntrasse enthält die Statorwicklung, die über Stromrichter mit einem „Drehstrom" versorgt wird. Im Fahrzeug befindet sich, vergleichbar zum Rotor in einer Synchronmaschine, die Erregerwicklung, die von einem Gleichstrom durchflossen wird. Die einzelnen Stränge der Statorwicklung müssen mit einer Frequenz angesteuert werden, die der Fahrgeschwindigkeit des Zuges entspricht. Die relative Lage der Pole des Fahrzeugs zum Feld des Stators entspricht dem Polradwinkel bei der Synchronmaschine und bestimmt somit die Vortriebs- oder Bremskraft. Die Stromrichter längs der Fahrtrasse müssen somit entsprechend der aktuellen Position des Fahrzeugs angesteuert werden.
Das Magnetfeld erzeugt nicht nur eine Vortriebskraft, sondern bewirkt auch durch die gegenseitige Anziehung der Eisenflächen eine vertikale Kraft, die den Zug zum Schweben bringt. Eine Vielzahl kleinerer Magnete sorgt u. a. für eine Regelung in horizontaler Richtung und Stabilisierung in vertikaler Richtung.
Bild 1: Grundsätzliche Anordnung von Ständer und Erregerteil mit der Tragkraft und Schubkraft .
1 Ständer 2 Erregerteil
Bild 2: Feld- und Stromverteilung
- Drehstromwicklung und Erregerteil
- sinusförmige Anteile des Strombelages und der Induktion
Bild 10: Energieversorgung der Wicklungsabschnitte.
a) Versorgung langer Wicklungsabschnitte durch jeweils einen Frequenzumformer
b) Frequenzumrichter versorgt nacheinander mehrere verkürzte Wicklungsabschnitte mit Hilfe eines Schaltverteilers
1 Frequenzumformer 2 Schaltverteiler
Abbildung 8.3: Zum Transrapid aus ETZ-A Bd. 96 (1975), H. 3
8.3 Drehstrom-Lichtmaschine für Pkw`s/Lkw`s
Abbildung 8.4: Drehstromlichtmaschine
Die Funktionsweise und der Aufbau entsprechen weitgehend dem eines normalen Synchrongenerators mit Schleifringen. Der Rotor ist als „Klauenpolrotor" gebaut. Diese Bauform ermöglicht eine hohe Polpaarzahl und eine einfache Herstellung des Rotors. Die Erregerwicklung besteht aus einer einzigen Spule, die konzentrisch um die Maschinenachse gewickelt ist. Der von der Synchronmaschine erzeugte Drehstrom wird durch Dioden gleichgerichtet, um damit das Bordnetz zu versorgen. Die Bordnetzspannung wird über einen Spannungsregler durch Verstellung des Erregerstromes geregelt.
8.4 Antrieb für einen kleinen Lüfter (z. B. in Rechnern)
Der Stator enthält eine zweiphasige „Drehstrom"-Wicklung mit einer Nut pro Pol, der Stator erhält dadurch das Aussehen eines Polrades, wird aber mit Drehstrom versorgt und ist geblecht. Der außen liegende Rotor ist aus einem Permanentmagneten hergestellt. Der „Drehstrom" wird aus der -Gleichspannungsversorgung durch eine Schaltung mit Transistoren erzeugt. Der Motor ist bei dieser Betrachtungsweise eine Synchronmaschine. Andererseits kann man sich auch einen permanenterregten Gleichstrommotor vorstellen, bei dem die Welle fest ist und sich das Gehäuse dreht. Die mechanische Kommutierung der Gleichstrommaschine wird durch die elektronische Umschaltung ersetzt. Welche der Betrachtungen mehr und welche weniger zutreffend ist, hängt von der genauen Art der Ansteuerung der Schalttransistoren ab.
Abbildung 8.5: Antrieb für einen kleinen Lüfter (PC)
Abbildung 8.6: Schnittbild durch einen mechanischen Tachometer mit Kilometerzähler
Abbildung 8.7: Kennlinie eines Asynchronmotors bei Gleichstromversorgung
Abbildung 8.8: Prinzip eines mechanischen Autotachometers und Analogie zu einer Asynchronmaschine Autotachometer, Drehzahlmesser usw.
Stellt man sich eine Drehstromasynchronmaschine vor, die mit Gleichstrom (also einem „Drehstrom" mit der Frequenz ) versorgt wird, dann stellt sich eine M-n-Kennlinie ein, die für Drehzahlen kleiner als die Kippdrehzahl ein drehzahlproportionales Moment aufweist.
Das stationäre Feld des Ständers kann auch durch einen Permanentmagneten erzeugt werden. Gestaltet man nun den Rotor als „Käfigläufer" mit unendlich vielen Stäben und vertauscht Ständer und Rotor, dann übt der nun rotierende Permanentmagnet ein Drehmoment auf den feststehenden Teil aus, das der Drehzahl proportional ist. Ein Tachometer der dargestellten Bauart ist also im Kern eine Asynchronmaschine.
8.6 Scheibenmotor
Aus einer Firmenschrift der Fa. Dual (um ):
Bei dem speziell für den HiFi-Plattenspieler Dual entwickelten Zentralantrieb Dual EDS handelt es sich um einen langsam laufenden, kollektorlosen Gleichstrom-Elektronik-Motor, der seine Energie aus einem stabilisierten Netzteil bezieht.
Die bei Gleichstrom-Motoren üblicherweise vom Kollektor vorgenommene mechanisch-elektrische Umschaltung (Kommutierung) wird beim Dual EDS von zwei Hall-Generatoren elektronisch gesteuert. Diese Hall-Generatoren steuern – in Abhängigkeit von der Rotorsteuerung – über vier Schalttransistoren nacheinander vier Wicklungsstränge des Motors.
Das zyklische Schalten der Wicklungsstränge bzw. Feldspulen bewirkt ein Drehfeld und damit eine Drehbewegung des Rotors. In den jeweils nicht angesteuerten Feldspulen wird gleichzeitig eine drehzahlproportionale Spannung induziert, deren Größe mit einer separat erzeugten konstanten Spannung verglichen wird. Die Spannungsdifferenz steuert den Stromfluss in den vier Schalttransistoren so exakt, dass kurzzeitige Drehzahlabweichungen des Motors kleiner als bleiben.
Der Rotor des Dual EDS ist nutenlos und hat einen mitlaufenden magnetischen Rückschluss. Die Feldspulen des Motors sind eisenlos und ortsfest im Luftspalt zwischen dem achtpoligen Ringmagnet des Rotors und dem magnetischen Rückschluss angeordnet. Daraus resultieren die gravierenden Vorteile des Dual EDS :
Ohne Polfühligkeit bzw. Polrucken, Hysterese- oder Wirbelstromverluste und ohne störende Nutenfrequenzen garantiert der Dual EDS den völlig vibrationsfreien und gleichförmigen Antrieb es HiFi-Plattenspielers Dual .
Abbildung 8.9: Direktantrieb eines Plattenspielers als Beispiel für einen elektronischen Gleichstrommotor
Institut für Mechatronik im Maschinenbau (iMEK), Eißendorfer Straße 38, 21073 Hamburg